Fußball – Eine systemische Perspektive

Team

Unsere Fußballnationalmannschaft (M) – die Fakten

Ich möchte die Aufmerksamkeit lenken auf ein paar wichtige Fakten. Nein, weder auf die Bilanz des Teams in 2023 noch auf die lange Phase von Erfolglosigkeit seit der 2014er WM. Und auch nicht auf den Zustand des DFB im Allgemeinen oder die Eignung des Präsidenten dieser Organisation, wenn dieser allen Ernstes das Team im EM-Endspiel erwartet. Diese Fakten sind:

  • Wir sehen ein Team qualitativ guter Spieler.
  • Wir sehen einen Trainer, der zu den besten seines Fachs gehört.
  • Wir sehen ein Team, über das der Trainer sagt, er habe noch nie eine Mannschaft erlebt, die sich so gut miteinander versteht.
  • Wir sehen ein Team, dass ohne Leidenschaft spielt.

Der Blick durch die Systembrille

Wagen wir einen Blick durch die Systembrille, nehmen wir die systemische Perspektive ein. Zur Erinnerung: Ein System besteht (für diesen Fall etwas reduziert) aus Elementen – hier Spieler und Trainer, den Beziehungen zwischen den Elementen und dem Raum dazwischen (siehe Skizze). Die Qualität der Elemente und die Beziehungen zwischen den Elementen sind offenbar nicht das Problem. Was aber ist mit dem „Raum dazwischen“? Das ist der unsichtbarste Teil eines Systems und zugleich derjenige Teil mit dem kritischsten Einfluss. Es ist der übergreifende Sinn, in Organisationssprache der Purpose.

Beobachtungen

Als die Matildas, das australische Team bei der Fußball-WM der Frauen, begeisternden und leidenschaftlichen Fußball gespielt haben, haben sie für alle Frauen in ihrem Land gespielt. Das ist Purpose. Wenn Siya Kolisi, Kapitän von Rugby-Weltmeister Südafrika, wenige Minuten nach dem WM-Sieg davon spricht, sein Team habe für the people that need hope gespielt, dann spricht er vom Purpose. Genau hier liegt die Quelle von Leidenschaft und Widerstandsfähigkeit, vom Glauben an sich selbst. Das ist pure Energie. Und wir haben sogar eine eigene Geschichte dieser Sorte. Jürgen Klinsmann hat 2004 als Ziel für die 2006er WM ausgegeben: „Wir wollen Weltmeister werden. Und wir wollen die Menschen in diesem Land mit unserem Fußball begeistern.“ Medial aufgegriffen wurde nur der erste Teil. Wirksam aber war der zweite Teil – und der hat das Team bis zum WM-Titel 2014 getragen.

Was nun?

Die weit verbreitete Denkweise, nur auf die Qualität der Elemente zu schauen, ist ein Problem. In diesem Sinne fordern Experten gerade weitere, andere Spieler einzusetzen. Zur Erinnerung: Es waren bereits 40 in diesem Jahr. Der Philosoph und Psychotherapeut Paul Watzlawick hat uns dafür den wundervollen Satz „Es hat zwar bisher nichts genutzt, aber lasst uns mehr desselben machen.“ geschenkt. Seit Jahren staunen sich Trainer und Spieler geradezu besoffen über die Qualität im Kader. Das erste ist sinnfrei und das zweite macht uns blind für das, was in einem System noch Wirkung entfaltet.

Das Team braucht also einen Purpose. That’s it.
Und welchen Purpose hat Ihr Team, Ihre Organisation, Ihr Unternehmen?

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