Veränderungsprozesse werden nie ausschließlich befürwortet. Sie bringen Bewegung in bestehende Strukturen, lösen Reaktionen aus – Zustimmung, Widerstand, Zweifel. Und mittendrin: Menschen, die sich in Gruppen zusammenfinden. Bewusst oder unbewusst. In unserem Podcast haben wir das Konzept der Subgroups genauer beleuchtet – ein oft übersehenes Phänomen, das in der Begleitung von Transformationen einen entscheidenden Unterschied machen kann.
Eine Subgroup ist eine Teilgruppe innerhalb eines größeren Kontextes – das kann ein Team, eine Organisation oder auch ein innerer Anteil in einem selbst sein. Entscheidend ist nicht die Anzahl, sondern die Dynamik: Subgroups formen sich durch gleiche Perspektiven oder Haltungen. Und sie beeinflussen, wie Veränderung wahrgenommen und gestaltet wird.
Subgroups sind überall. In Projekten, in Meetings, im Widerstand. Sie sind weder gut oder schlecht. Entscheidend ist, ob sie funktional oder dysfunktional wirken.
Dysfunktionale Kommunikationsmuster zeichnen sich durch geschlossene Grenzen aus. Sie bestätigen sich gegenseitig, filtern Informationen selektiv und blenden Unterschiede aus. Es entsteht eine Echokammer – Entwicklung wird erschwert oder verhindert.
Funktionale Kommunikationsmuster hingegen sind offen. Sie lassen unterschiedliche Perspektiven zu, integrieren neue Informationen und gestalten aktiv mit. Sie tragen dazu bei, dass sich Organisationen weiterentwickeln können – auch in Konfliktsituationen.
Alle sind schuld – nur meine Subgroup nicht.“ Dieses Muster ist uns nicht nur im beruflichen Kontext begegnet. Es steckt oft in versteckten Vorwürfen, in subtiler Kritik, im Rückzug. Was hilft? Ein Perspektivwechsel: Was, wenn wir das Wort „Schuld“ gar nicht mehr zur Verfügung hätten? Diese Frage kann Türen öffnen – auf einmal geht es nur noch um das Thema Verantwortung.
In Transformationsprojekten beobachten wir hin und wieder zwei dominante Subgroups:
• Die eine erkennt das Problem klar und will in die Lösungsarbeit.
• Die andere stellt das Problem selbst in Frage – oder negiert es ganz.
Wenn diese beiden Gruppen ohne Vermittlung aufeinandertreffen, stockt der Prozess. Als Berater:innen versuchen wir dann, nicht zu überreden, sondern gemeinsam zu verstehen: Was hält die Subgroup im Status quo? Welche Bedürfnisse, Ängste oder Werte stehen dahinter?
Ein besonders schmerzhaftes Phänomen ist das Scapegoating – die Zuschreibung von Schuld auf Einzelpersonen oder Gruppen. Manchmal sind wir als Berater:innen selbst Ziel dieser Projektion. Hier hilft vor allem eines: Innere Klarheit, ein gutes Unterstützungsnetz und der Mut, unangenehme Dynamiken offen anzusprechen. Nicht mit dem Zeigefinger, sondern mit dem Ziel, die Gruppe wieder in die Selbstverantwortung zu bringen.
Veränderung ist kein Spaziergang. Manchmal fühlt sie sich an wie ein Weg durchs Brombeergestrüpp – voller Dornen, aber auch voller Frucht. In unserem Gespräch entstand das Bild der Brombeere als Metapher für Überlebensmuster: kraftvoll, schmerzhaft, kaum zu bändigen – und gleichzeitig voller Potenzial. Die Frage ist nicht, wie wir sie loswerden, sondern wie wir sie hegen & pflegen und mit ihr arbeiten können.
Subgroups zeigen uns, was Menschen bewegt. Sie offenbaren Unterschiede – und machen Entwicklung erst möglich. Wer Veränderung gestalten will, sollte sich nicht nur mit Prozessen und Strukturen beschäftigen, sondern mit den Beziehungen dazwischen. Mit Zugehörigkeit, mit Abgrenzung, mit dem, was Gruppen zusammenhält oder trennt.
Denn am Ende geht es nicht um Schuld, sondern um Verantwortung. Nicht um Kontrolle, sondern um Verbindung. Und darum, eine Lösung zu finden – die für alle funktioniert.