Dr. Stefan Fuchs ist Teamcoach und systemischer Organisationsberater aus Leidenschaft. Teamcoaching ist neben Digitalisierungsberatung und Führungsfeedback eine der drei Hauptsäulen des Leistungsangebotes von staffadvance. Im nachfolgenden Interview wollen wir aufzeigen wie wir zum Teamcoaching stehen. Außerdem möchten wir einen Einblick geben, wie ein Teamcoaching ablaufen kann und welche Rolle dabei der Teamcoach einnimmt.
Dr. Stefan Fuchs:
Teamcoaching führe ich stets selbst durch und ich brenne dafür. Für mich gab es 2008 ein Schlüsselerlebnis, als ich einen Workshop mit Vertriebler*innen einer Bank moderierte. Dort habe ich in einer Sequenz mit Gewaltfreier Kommunikation gearbeitet und habe gemerkt, dass es funktioniert. Das war für mich der erste Schritt ins Teamcoaching.
Dr. Stefan Fuchs:
Teamcoaching ist die Königsdisziplin der Organisationsentwicklung. Nach Studien schöpfen 80% der Teams ihr Potenzial nicht aus. Das finde ich bemerkenswert. Es gibt den häufig zitierten Spruch ‚Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile‘. Dummerweise vergessen viele beim Zitieren den Spiegelsatz: ‚Das Ganze ist weniger als die Summe seiner Teile’. In 80% der Fälle geht es leider in diese Richtung.
„Beim Teamcoaching geht es letztlich darum,dass ein Team leistungsfähiger wird.“
Dr. Stefan Fuchs:
Es geht beim Teamcoaching letztlich darum, dass ein Team durch verbesserte Zusammenarbeit leistungsfähiger wird. Ich versuche heraus zu finden, was es dafür braucht: Sind die Prozesse unklar? Haben alle ein identisches Verständnis über die Rolle des Teams in der Organisation? Wie sind die Muster der Kommunikation? Wie füllt die Führungskraft ihre Rolle aus? Ich reagiere dann auf die Situation und den Bedarf. Dazu nutze ich ein ganzes Spektrum an Methoden – vom Prozessmanagement über Gruppendynamik, lösungsfokussierte Konfliktklärung, Geschäftsmodellen bis zu Fragetechniken. Und wenn es sinnvoll ist, streue ich auch eine kurze Erklär-Sequenz dazu ein, wie Kommunikation (nicht) funktioniert.
Dr. Stefan Fuchs:
Die Mitarbeiter*innen sollen erleben, dass man Probleme ansprechen kann, ohne dass es zu Vorwürfen und Eskalationen kommt. Kreativität in einem Unternehmen gibt es nur, wenn die Mitarbeiter*innen Beziehungssicherheit haben und in die Verantwortung gehen; wenn sie Lust dazu haben, Verantwortung zu übernehmen. Wenn sie aber erleben, dass die Führungskraft alle Entscheidungen allein trifft, frustriert das die Leute und sie arbeiten nicht besonders motiviert.
Das schließt auch den Gesundheitsaspekt mit ein. Stress und eine schlechte Kooperation der Mitarbeiter*innen untereinander, können sehr belastend sein. Durch das Teamcoaching möchte ich einen Weg bereiten, auf dem es für alle gut weitergeht.
Dr. Stefan Fuchs:
Ein systemischer Berater hat eigentlich den Anspruch, außerhalb des Systems zu bleiben, doch es gibt auch einen gegensätzlichen Ansatz dazu: Wenn du nicht Teil des Problems bist, kannst du nicht Teil der Lösung sein. Ich sehe mich daher eher in einem permanenten Rollenwechsel zwischen einem Reiseführer, der eine sinnvolle Richtung vorgibt, und einem Wahrnehmer, der neue Hypothesen aufstellt. Außerdem nehme ich teilweise die Rolle des Gastgebers ein, der dazu einlädt, gewisse Dinge wahrzunehmen, andere Perspektiven einzunehmen und über Möglichkeiten nachzusinnen.
„Als Teamcoach nehme ich stets eine Haltung von Allpartlichkeit ein.“
Dr. Stefan Fuchs:
Wenn ich mich bei meiner Arbeit am Anfang vorstelle, erkläre ich, dass ich aus der Haltung von Allparteilichkeit arbeite. Diese Haltung ist verbunden damit, dass ich mich nicht als Schiedsrichter sehe, der sagt, wer recht oder unrecht hat und auch nicht als Richter, der entscheidet, was richtig und was falsch ist. Ich bin auch kein Anwalt, der eine bestimmte Seite vertritt, sondern ich möchte für alle einen guten Weg finden.
Dr. Stefan Fuchs:
Erstmal führe ich mit der Führungskraft ein Vorgespräch, um die Situation zu erfassen und die Ziele zu klären. Die Führungskraft sagt mir aus ihrer Sicht, wie sie das Team sieht, welche Konflikte bestehen und welche Erwartungen sie hat.
Nach diesem Vorgespräch folgen gewöhnlich ein oder zwei Workshoptage. Am ersten Tag stelle ich mich und meine Arbeitsweise vor. In einer Startrunde ist es mein Ziel, die Leute miteinander in Kontakt zu bringen. Schon an diesem Punkt bekomme ich ein Gefühl dafür, ob sich die Leute trauen, schwierige Themen anzusprechen. In dem Gespräch, in der Startsequenz und dann im laufenden Workshop bilde ich Arbeitshypothesen. Wenn ich nach dem Vorgespräch zum Beispiel das Gefühl habe, dem Team fehlt ein gemeinsames Ziel, bereite ich dafür eine Sequenz vor.
Dr. Stefan Fuchs:
Ich beziehe alle mit ein und lasse dafür häufig im Kreis reden. Dafür verwende ich eine kleine Muschel oder eine Holzkugel, die das Rederecht symbolisiert und in der Gruppe herumwandert. So kommt jede/r zu Wort und kann sich vorbereiten, weil man sieht, wer als nächstes an der Reihe ist. Oder, um etwas Leichtigkeit rein zu bringen, lege ich zum Beispiel die Muschel in die Mitte und sage, dass wir solange schweigen, bis sich der Erste die Muschel greift – das darf aber keine Frau sein. Da lachen die meisten Leute und es geht los.
Dr. Stefan Fuchs:
Ich sehe, wie erleichtert und dankbar die Leute aus dem Teamcoaching herausgehen. Das treibt mich an. Es erfüllt und berührt mich, wenn ich dazu beitragen kann, dass die Menschen ihre Zusammenarbeit verbessern.
11.02.2020